Gebäudewände als Energiespeicher: MIT erzielt Durchbruch bei leistungsfähigem Beton

weißes E-Auto wird im Parkhaus geladen

Beton ist schon lange Kernbestandteil unseres Stadtbilds, doch bald könnte er nicht nur als Bausubstanz, sondern zugleich als riesige Batterie dienen. Durch die Kombination von Zement, Wasser, ultrafeinem Ruß (mit Partikeln im Nanobereich) und Elektrolyten entsteht elektronenleitender Kohlenstoffbeton (ec³), der ein leitfähiges „Nanonetzwerk“ im Inneren des Betons bilden kann.

Ein solches Netz würde dafür sorgen, dass Wände, Gehwege oder Brücken elektrische Energie speichern und abgeben und zehntausenden Ladezyklen standhalten können. Der für die Technologie verwendete Elektrolyt ist dabei sogar flexibel wählbar. Selbst Meerwasser könnte eingesetzt werden, was Anwendungen in Küstennähe oder auf Offshore-Anlagen ermöglicht. Mit über 10.000 dokumentierten Ladezyklen ohne nennenswerten Leistungsverlust wäre die Speicherfähigkeit zudem kompatibel mit der üblichen Lebensdauer von Betonbauwerken von rund 50 Jahren.

Rasante Entwicklung in der Forschung 

Wie ist das möglich? Die MIT-Forscher Franz-Josef Ulm und Admir Masic haben bei ihren Forschungen einen Durchbruch geschafft, denn sie haben innerhalb nur eines Jahres nahezu eine Verzehnfachung der Speicherkapazität im Beton erreicht. Bislang waren rund 45 Kubikmeter Beton notwendig, um den täglichen Strombedarf eines durchschnittlichen Haushalts zu speichern, nun reichen etwa 5 Kubikmeter aus – also das Volumen einer einzelnen Kellerwand. Die neue Generation der ec³-Technologie erreicht somit Speicherdichten von über 2 kWh pro Kubikmeter. Ein Betonblock in der Größe eines Kühlschranks speichert etwa 0,6 kWh und könnte einen solchen somit rund zwei Tage zuverlässig betreiben. 

Zukunftsvision: Parkhäuser als Energiespeicher für die E-Mobilität

Internationale Fachmedien skizzieren ein mögliches Zukunftsszenario, in dem Parkhäuser künftig als dezentrale Speicher für erneuerbare Energien dienen. Tagsüber könnten Photovoltaikanlagen auf dem Dach Energie erzeugen und in der leitfähigen Betonstruktur speichern; nachts würde diese Energie dann an abgestellte Elektrofahrzeuge abgegeben. Ein Stellplatz mit rund 3,75 Kubikmetern Speicherbeton könnte theoretisch etwa 7,5 kWh liefern – ausreichend für rund 30 bis 50 Kilometer Reichweite.

Konkrete Anwendungen für E-Fahrzeuge existieren derzeit jedoch noch nicht. Die erwartete Ladeleistung liegt vorerst bei lediglich 1-2 kW und entspricht damit dem sogenannten Level-1-Laden. Für eine vollständige Ladung eines Elektroautos wären 8-10 Stunden erforderlich – moderne Schnellladeinfrastruktur stellt heute 50-350 kW bereit. Hinzu kommt, dass wichtige Komponenten wie Leistungselektronik zur Spannungsanpassung von 12 Volt (Beton) auf 400–800 Volt (Fahrzeugbatterie) gegenwärtig noch fehlen.

Japan setzt bereits erste Projekte um

In Japan wird die Technologie derweil bereits praktisch erprobt: Das Unternehmen Aizawa Concrete kooperiert mit dem MIT. In Sapporo testen Forschende spezielle Betonplatten, die sich eigenständig erwärmen können, um Schnee zu schmelzen – eine realitätsnahe Anwendung in einer Region, in der jährlich bis zu fünf Meter Schneefall auftreten.

Interessanter Nebeneffekt: Strukturelle Selbstüberwachung

Die Forschenden am MIT stellten überdies fest, dass der leitfähige Speicherbeton auf mechanische Belastung mit messbaren Veränderungen der elektrischen Spannung reagiert. Dadurch könnte die Technologie zukünftig sogar als integrierter Sensor dienen: So wären z.B. Brücken in der Lage, ihre eigene Stabilität kontinuierlich zu überwachen, Fundamente von Windenergieanlagen könnten frühzeitig vor Überlastungen warnen. Der Werkstoff vereint damit drei Funktionen in einem: Tragstruktur, Energiespeicher und Sensorelement.

 

Quellen: wattmoves.de, Christian Schindler, 10.10.2025

news.mit.edu, Andrew Paul Laurent, 01.10.2025

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