
Supercharging dank immersiver Kühlsysteme ‒ die Suche nach geeigneten Werkstoffen
Mit zunehmender Mobilität steigen auch die Anforderungen an die Geschwindigkeit des Ladevorgangs. Tatsächlich gibt es inzwischen immer mehr Schnellladesäulen, an denen Elektroautos in rasendem Tempo betankt werden können: Dort kann ein Akku dank einer Leistung von mehreren Hundert Kilowatt zum Teil innerhalb von nur 30 Minuten zu etwa 80 Prozent befüllt werden! Da jedoch bei einem solchen Ladevorgang eine äußerst hohe Energiemenge fließt ‒ sie übersteigt die in entgegengesetzter Richtung fließende Energie sogar bei Hochleistungsbetrieb eines E-Rennwagens um das Zwei- bis Dreifache ‒ erhitzt sich der Akku stark.
Die starke Erwärmung birgt die Gefahr einer dauerhaften Schädigung des Akkus: Es kann zu einer verminderten Leistungsaufnahme und einer Verkürzung der Lebensdauer kommen. Um dies zu verhindern, gibt es Kühlsysteme, wobei die gängigen Systeme den extremen Anforderungen der schnellen Ladevorgänge nicht mehr gewachsen sind. Daher wird schon länger an alternativen Kühlsystemen geforscht. Im Gegensatz zu den hergebrachten Systemen, welche das gesamte Zellsystem von außen kühlen, basiert dieser neuartige Ansatz der Flüssigkeitskühlung auf dem Prinzip der Einbettung, des sogenannten Battery Immersion Cooling.
Immersionskühlsysteme führen Wärme effektiv ab
Bei dieser Form der Kühlung werden die Zellen vom Kühlmedium umspielt, das die entstehende Wärme aufnimmt und direkt abführt. Die Herausforderung bei dieser Art von Kühlsystemen besteht darin, dafür geeignete Materialien zu finden, denn die Kühlmedien müssen aufgrund ihres unmittelbaren Kontakts mit den Zellen andere chemische Eigenschaften haben als die herkömmlichen. Eine wichtige Anforderung ist die der elektrischen Isolierfähigkeit.
In der Autoindustrie werden deshalb unterschiedliche Materialien und Stoffklassen getestet, die für solche immersiven Kühlsysteme infrage kommen. Eine zentrale Komponente der Systeme sind Dichtungselemente, weitere sind Zellabstandshalter, Medienspeicher und Verbindungselemente: Bei all diesen Komponenten müssen die chemischen Eigenschaften an die des jeweiligen Kühlmediums angepasst werden.
Studie zur Eignung polymerer Materialien
Im Rahmen einer von Freudenberg Sealing Technologies durchgeführten breit angelegten Studie wurden verschiedene polymere Werkstoffe im Hinblick auf ihre Verträglichkeit mit unterschiedlichen Kühlmedien untersucht. Zu den getesteten Fluiden gehören Öle auf Esterbasis und isoparaffinische Öle ‒ Erstere werden bei der direkten Kühlung häufig eingesetzt. Darüber hinaus wurden auch derzeit noch in der Entwicklung befindliche Fluide analysiert. Die Untersuchung soll eine solide Datenbasis für künftige Anfragen von Kunden liefern.
Wie Dr. Tobias Möller, Materialentwickler, erklärt, war die Untersuchung im Wesentlichen von zwei Fragestellungen geleitet: Erstens ging es darum, die Auswirkungen der flüssigen Kühlmedien auf die polymeren Dichtungsmaterialien zu prüfen bzw. inwiefern es bei diesen zu Quellungen kommt. Zweitens sollte untersucht werden, ob und, wenn ja, wie sich die Polymerwerkstoffe umgekehrt auf die Fluide auswirken.
Bei der Untersuchung wurden den Polymerwerkstoffen Testkörper in standardisierter Form entnommen und für eine bestimmte Dauer in den Kühlflüssigkeiten eingelagert. Zur Berücksichtigung von Langzeiteffekten wurde die Temperatur gegenüber der in Batteriesystemen üblichen deutlich erhöht. In einem zweiten Schritt wurden die für die Funktionsfähigkeit von Dichtungen relevanten Eigenschaften der Testkörper identifiziert, und zwar über ihre Gesamtlebensdauer. Dazu zählen Gewicht, Volumen, Reißdehnung, Härte und Rückstellverhalten.
Wechselseitige Effekte
Die in ihrer Versuchsanordnung anspruchsvolle Untersuchung lieferte verwertbare und zum Teil auch unerwartete Erkenntnisse. Dies betrifft besonders das Verhalten mancher erst kürzlich entwickelter Fluide. Wie der Leiter der Werkstoffvorentwicklung von Freudenberg Sealing Technologies, Dr. Boris Traber, erklärt, bilden die in der Studie gewonnenen Erkenntnisse zum Verhalten der Polymermaterialien in fluiden Kühlmedien die Basis für die Entwicklung von Dichtungen und Abstandskomponenten, die später in Serie gehen werden.
Umgekehrt weiß man jetzt auch mehr über das Verhalten der Fluide unter dem Einfluss von Polymerwerkstoffen. So kann Freudenberg Sealing Technologies immer mehr Kunden in der Automobilindustrie mit den geeigneten Immersion-Cooling-Lösungen für Batterien und Akkus versorgen.
Quelle: elektronikpraxis.de, 24.03.2023, Dipl-Ing.(FH), Hendrik Härter
Bild: Freudenberg, Sealing Technologies